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Eine demokratische EZB đłïž
Die EZB sollte, gemessen an ihrer Macht, demokratischer sein.
đ Kurzinformationen
- Die EuropĂ€ische Zentralbank (EZB) ist eine der mĂ€chtigsten Institutionen im Euroraum. Gebunden ist die EZB in ihrer MachtausĂŒbung nur an ihr gesetzlich verankertes Mandat sowie an die Weisungen des EuropĂ€ischen Gerichtshofs.Â
- Vom EuropĂ€ischen Parlament kann die EZB zu nichts verpflichtet werden, steht diesem jedoch Rede und Antwort. So erscheint die EZB-PrĂ€sidentin etwa vier mal im Jahr fĂŒr eine Stellungnahme und einen Austausch im Parlament.Â
- Die geringe demokratische Durchdringbarkeit der EZB geht gröĂtenteils auf die Ăberzeugung zurĂŒck, dass Zentralbanken unabhĂ€ngig sein mĂŒssen, um ihr Mandat erreichen zu können.
- In der Auslegung ihres Mandats genieĂt die EZB, gemÀà einem Urteil des EuropĂ€ischen Gerichtshofs, einen groĂen Ermessensspielraum. Somit kann die EZB selber interpretieren, was das im Mandat beschriebene Konzept der PreisstabilitĂ€t fĂŒr sie bedeutet und wie viel Gewicht sie auf die im Mandat genannten sekundĂ€ren Ziele, darunter das Ziel des Umweltschutzes, legen möchte.
đ« Meinung
Eine schwache Rechenschaftspflicht der EZB war vertretbar, solange ihre Befugnisse streng begrenzt waren und sie sich ausschlieĂlich auf ihr primĂ€res Mandat konzentrierte. Aber heute hat die Politik der EZB weitreichende, auch verteilungsrelevante Konsequenzen. Doch dafĂŒr fehlt der EZB die demokratische Legitimation. Diese demokratische Legitimation muss geschaffen werden - am besten fortwĂ€hrend. DafĂŒr ist eine stĂ€rkere VerknĂŒpfung zwischen EZB und demokratischen Institutionen, wie dem EuropĂ€ischen Parlament, notwendig.
đĄ LösungsvorschlĂ€ge
â Mehr auf Vielfalt bei der Besetzung des EZB-Rats achten
â VerstĂ€rkt BĂŒrger:innen anhören und dessen Meinungen berĂŒcksichtigen
â RegelmĂ€Ăige demokratische ĂberprĂŒfung des Mandats der EZB
đ Hintergrundinformationen
Die EuropĂ€ische Zentralbank (EZB) ist eine besonders mĂ€chtige Institution, denn sie kann neues Geld schaffen und dadurch die Wirtschafts- und Preisentwicklung in der Eurozone beeinflussen. So hat das Handeln der EZB Auswirkungen auf alle BĂŒrger:innen, Unternehmen und Staaten, die den Euro nutzen. Doch die Zustimmung dieser braucht die EZB nicht, um Entscheidungen zu treffen. Keine Person oder Institution ist in der Lage, der EZB zu sagen, was sie tun oder lassen soll - mit Ausnahme des EuropĂ€ischen Gerichtshofs. Die EZB agiert also auĂerhalb des Einflussbereichs der meisten EU-Institutionen und der 19 nationalen Regierungen, die den Euro als WĂ€hrung verwenden. Aber womit ist diese Sonderstellung gerechtfertigt?Â
Die UnabhĂ€ngigkeit der EZB wird begrĂŒndet mit der Annahme, dass eine politische oder andersartige Einflussnahme in die Geldpolitik dazu fĂŒhren wĂŒrde, dass die EZB Probleme bekommen wĂŒrde, ihr Mandat zu erfĂŒllen. Konkret wird befĂŒrchtet, dass politischer Druck dazu fĂŒhren könnte, Entscheidungen zu treffen, die vielleicht kurzfristig populĂ€r und im Interesse von Politiker:innen sind, aber langfristig auf Kosten des primĂ€ren Mandats der EZB, nĂ€mlich der PreisstabilitĂ€t gehen wĂŒrden. So ist es der EZB auch verboten, die Haushalte von einzelnen Regierungen direkt zu finanzieren, da sie sich so zum âDienerâ dieser Regierungen machen wĂŒrde, was ihre UnabhĂ€ngigkeit gefĂ€hrden könnte.Â
Unscharfes Mandat
Die EU-VertrĂ€ge halten fest, dass das primĂ€re Mandat der EZB die Garantie von PreisstabilitĂ€t ist. Doch die VertrĂ€ge beinhalten nicht, was PreisstabilitĂ€t genau bedeutet. Im Jahr 2003 beschloss die EZB fĂŒr sich, dass sie eine mittelfristige Inflationsrate von nahe, aber unter 2% als PreisstabilitĂ€t erachtet.
Allerdings könnte die EZB das Konzept der PreisstabilitĂ€t auch andersartig, z. B. mit einer Inflationsrate von 2.5%, definieren. Dies zeigt: Die EZB besitzt einen gewissen Interpretationsspielraum bei der Definition ihres primĂ€ren Mandats.Â
Die EU-VertrĂ€ge beschreiben auch das sekundĂ€re Mandat der EZB, das darin besteht, die allgemeinen Ziele der EU zu unterstĂŒtzen, solange dies ihr primĂ€res Mandat nicht beeintrĂ€chtigt. Auch wenn die VertrĂ€ge die allgemeinen Ziele der EU nennen (z. B. Umweltschutz, BeschĂ€ftigung, Wirtschaftswachstum), sind diese so viel und so verschieden, dass nicht klar ist, wie die EZB diese umsetzen soll. Wie soll die EZB schlieĂlich entscheiden, ob sie eher den Umweltschutz oder das Wirtschaftswachstum unterstĂŒtzt?
Die Rolle des EuropĂ€ischen ParlamentsÂ
Das EuropĂ€ische Parlament spielt eine begrenzte Rolle bei der Kontrolle der Handlungen der EZB. Zwar kann es die Handlungen der EZB nicht bestimmen, aber es kontrolliert sie, indem es EZB-Beamte wĂ€hrend der "monetĂ€ren Dialoge" alle drei Monate befragt. WĂ€hrend dieser parlamentarischen Treffen beantwortet z. B. die EZB-PrĂ€sidentin Fragen von Mitgliedern des EuropĂ€ischen Parlaments (MEPs) darĂŒber, was die Bank derzeit tut oder in der Vergangenheit getan hat. Diese Sitzungen sind öffentlich, sodass BĂŒrger:innen und Journalisten die Debatten verfolgen können.
Die Abgeordneten des EuropĂ€ischen Parlaments erstellen auĂerdem jedes Jahr eine Bewertung der Leistung der EZB in Form einer jĂ€hrlichen Resolution. In diesen Resolutionen wird hĂ€ufig die EZB-Politik kritisiert und Alternativen empfohlen. Jedoch ist die EZB nicht verpflichtet, diesen Empfehlungen nachzukommen. In den letzten Jahren wurden die Kontrollbefugnisse des Parlaments erweitert, sodass Abgeordnete des EuropĂ€ischen Parlaments jetzt auch z. B. schriftliche Fragen an die EZB stellen können, die diese beantworten muss. Insgesamt bleibt die demokratische Aufsicht der EZB jedoch sehr löchrig.
Fehlende Vielfalt
Die EZB wird ebenfalls als undemokratisch in der Art und Weise angesehen, wie ihre EntscheidungstrĂ€ger:innen ernannt werden. Die Geldpolitik der EZB wird von 25 Personen entschieden, die im EZB-Rat sitzen. Von ihnen werden 19 nach nationalen Verfahren ernannt; 6 weitere werden von den EU-Institutionen ĂŒber die sogenannte Eurogruppe und den EuropĂ€ischen Rat ernannt. Das EuropĂ€ische Parlament stimmt darĂŒber ab, ob es den von der Eurogruppe vorgeschlagenen Kandidaten unterstĂŒtzt, doch ist diese Abstimmung nur symbolisch, da der EuropĂ€ische Rat sich nicht daran halten muss. Die Mitglieder des EZB-Rates werden in der Regel fĂŒr lange ZeitrĂ€ume ernannt, von 5 bis zu 8 Jahren.
Des Weiteren bildet der EZB-Rat bei weitem nicht die Vielfalt unserer Gesellschaft ab. So gibt es unter den 25 Mitgliedern des EZB-Rates nur zwei Frauen. Seit 1998 war noch nie eine Person mit schwarzer Hautfarbe im Rat vertreten. Menschen mit Erfahrungen im privaten Finanzsektor sind besonders hÀufig an der Spitze einer Zentralbank.
Zusammenfassend lÀsst sich sagen, dass eine schwache Rechenschaftspflicht der EZB zwar als akzeptabel angesehen wurde, solange ihre Befugnisse streng begrenzt waren und sie sich nur auf ihr primÀres Mandat konzentrierte. Angesichts der immer wichtigeren Rolle, die die EZB spielt, ist jedoch eine stÀrkere demokratische Kontrolle dieser Institution notwendig.
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