Handbuch zur EZB
Eine simple Einführung in die Ziele und Aufgaben der Europäischen Zentralbank
Was sind die Aufgaben der Europäischen Zentralbank?
Die wichtigste Aufgabe der Europäischen Zentralbank ist es, das Vertrauen in den Euro als Währung aufrechtzuerhalten, indem sie die Geldmenge kontrolliert, die in der Wirtschaft zirkuliert, um die durchschnittlichen Preise für Waren und Dienstleistungen stabil zu halten. Darüber hinaus ist die EZB auch für die Beaufsichtigung großer Banken zuständig.
Das primäre Mandat der Europäischen Zentralbank ist es, "Preisstabilität" zu gewährleisten. Im Großen und Ganzen bedeutet dies, dass die Zentralbank dafür verantwortlich ist, dass die Menschen und Unternehmen der Währung vertrauen.
In den EU-Verträgen ist auch ein allgemeineres, sekundäres Mandat für die EZB festgelegt. Nämlich, dass sie die allgemeine Wirtschaftspolitik der EU unterstützen soll, um zur Erreichung der Ziele der EU beizutragen, wie sie in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegt sind. Zu diesen Zielen gehören unter anderem Vollbeschäftigung, Verbesserung der Umweltqualität, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, soziale Gerechtigkeit und sozialer Schutz. In den Verträgen ist eindeutig festgelegt, dass dieses sekundäre Mandat das primäre Mandat "unberührt" lassen muss. Mit anderen Worten: Die EZB muss ihrem Preisstabilitätsmandat strikt Vorrang vor allen anderen Zielen einräumen.
Warum ist Preisstabilität wichtig?
Wie bei jeder stabilen Situation bedeuten stabile Preise Vorhersehbarkeit, was es den Menschen ermöglicht, ihre Zukunft mit Zuversicht zu planen und gut informierte Entscheidungen zu treffen. Unternehmen und Bürger:innen werden eher Investitionen oder Käufe tätigen, wenn sie wissen, dass die Preise nicht übermäßig schwanken werden. Im umgekehrten Fall, wenn das Preisniveau instabil ist, werden Bürger:innen vorsichtiger sein, die Unternehmen werden weniger Investitionen tätigen und es werden weniger Arbeitsplätze geschaffen, was zu einer wirtschaftlichen Stagnation führt. Die Tatsache, dass Ihr Kaffee, der Sie heute 2 Euro kostet, morgen nicht plötzlich 5 Euro kostet, ist auf die Preisstabilität zurückzuführen.
Würden nämlich alle Preise steigen (ein Prozess, den Ökonom:innen als "Inflation" bezeichnen) und dies geschähe zu viel und zu schnell, würden die Menschen in Erwägung ziehen, eine andere Währung als den Euro zu verwenden, etwa Fremdwährungen oder sogar alternative Zahlungsmittel wie Kryptowährungen. Letztlich hängt die Stabilität des Systems von dem Vertrauen der Menschen in die Währung ab, das durch eine übermäßige Inflation untergraben werden kann.
Das gegenteilige Phänomen, wenn die Preise sinken, wird als Deflation bezeichnet. Die Menschen gehen oft davon aus, dass ein allgemeiner Rückgang der Preise eine gute Sache ist, weil es Bürger:innen mehr Kaufkraft gibt. Das Problem ist jedoch, dass, wenn die Preise in den Geschäften sinken, auch die Löhne sinken, da die Unternehmen einen Rückgang der Einnahmen aus dem Verkauf erwarten. Während eine Deflation den Wert des Geldes erhöht, erhöht sie umgekehrt auch den realen Wert der Schulden. Während also die Preise und Einkommen sinken, bleibt die Verschuldung gleich. In Zeiten der Deflation werden die Unternehmen geringere Einnahmen erzielen und die Verbraucher werden wahrscheinlich niedrigere oder stagnierende Löhne erhalten. Wenn ein Unternehmen einen sinkenden Umsatz und ein Haushalt ein sinkendes Einkommen hat, dann wird die Rückzahlung der Schulden zu einer größeren Belastung. Dasselbe gilt für Regierungen: Wenn Preise und Einkommen sinken, sinken auch die Steuereinnahmen. Damit bleibt weniger Geld für Ausgaben und Investitionen.
Deshalb muss die Zentralbank in der Lage sein, sowohl übermäßige Inflation als auch Deflation zu bekämpfen. In der Praxis hat die Europäische Zentralbank "Preisstabilität" als eine Inflationsrate definiert, die nahe, aber unter 2 % bleibt. Die EZB überwacht die Inflation genau und tut ihr Bestes, um sie nahe an der 2 %-Marke zu halten.
Neben der Geldpolitik hat die EZB noch eine Reihe anderer Aufgaben, wie z. B. die Aufsicht über die größten europäischen Banken, das Sammeln von Statistiken und die Überwachung der Zahlungssysteme.